Geschiche des europäischen Tanzlinden

Tilleul à Danser planté à Mazille, France Stundenbuch
Der Tanz unter der Linde geht auf einen sehr alten europäischen Brauch zurück. Seine älteste Darstellung findet sich auf einer Abbildung in einer Handschrift der französischen Nationalbibliothek, dem Stundenbuch der Königin Anne von Bretagne, datiert 1508. Ihre Spuren finden sich auch in den Werken der flämischen Maler Peter Bruegel dem Älteren und Peter Bruegel dem Jüngeren sowie von Lukas Taffle.

Der große Folklorist und Kenner der französischen Volkskunde, Arnold van Gennep, berichtet, dass man in Lynde, einer Gemeinde im Norden Frankreichs, am Ende des 19. Jahrhunderts eine sehr alte Linde sehen konnte, die eine doppelte Krone hatte und deren verflochtene Äste eine Art Plattform bildeten, die den Stamm umlief. Einige seltene und sehr alte Tanzlinden finden sich auch heute noch in mehreren Gegenden Deutschlands, Belgiens und der Niederlande.

Tilleul à Danser planté à Mazille, France Pieter Bruegel d. Ä.

Mit ihrer stufig geschnittenen Form, deren erste Ebene aus einer von einem Balkengerüst gestützten Plattform besteht, stehen die Tanzlinden in der Dorfmitte. Der Brauch, auf dieser Plattform zu tanzen, geht ursprünglich darauf zurück, daß die Seiler, welche die Baumrinde der Linde für ihre Seile verwendeten, solche Gerüste errichteten, um sich damit die Arbeit des Entrindens zu erleichtern. Das Volk begann, diese Plattformen zu erklimmen – und irgendwann wurden diese Orte zu Tanz- und Festplätzen. Im deutschen Kulturraum entwickelte sich der Brauch auch oft an Stellen, an denen die alten Gerichtslinden stehen.

 
Conception graphique : Pierre Albuisson     Web désign : Elena Krotova     Übersetzung : Dr. Helga LEINWEBER und Dr. Ulf LEINWEBER